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Besuch beim Obersten Gericht Israel legt Beschwerde gegen deutschen Botschafter Steffen Seibert ein – Auswärtiges Amt reagiert

Von dpa | 18.09.2023, 07:52 Uhr | Update am 18.09.2023

Wegen eines Besuchs beim Obersten Gericht steht Deutschlands Botschafter Steffen Seibert in Israel in der Kritik. Israels Außenminister beschwerte sich in Berlin über den Botschafter.

Israel hat nach Angaben eines israelischen Repräsentanten offiziell Beschwerde in Berlin gegen den deutschen Botschafter in Israel, Steffen Seibert, eingelegt. Grund sei Seiberts Teilnahme als Zuschauer bei einer historischen Beratung des Obersten Gerichts in Jerusalem am Dienstag, bestätigte der Repräsentant am Sonntagabend.

Dies werde als Einmischung in innere Angelegenheiten Israels gesehen. Die Beschwerde des Außenministers Eli Cohen sei über den israelischen Botschafter in Berlin, Ron Prosor, übermittelt worden. Ein Reporter des israelischen TV-Senders Channel 13 hatte auf der Plattform X (früher Twitter) über den Vorgang berichtet.

Video sorgte für Aufsehen

Israels Oberstes Gericht hatte sich am Dienstag in einer historischen Gerichtsverhandlung mit einem höchst umstrittenen Justizumbau der rechts-religiösen Regierung befasst. Erstmals in der Geschichte des Landes kamen alle 15 Richter zusammen, um über acht Petitionen gegen eine verabschiedete Grundgesetzänderung zu beraten. Zum Ende der fast 14-stündigen Sitzung gewährte die Vorsitzende Richterin Esther Chajut eine Frist von 21 Tagen zur Einreichung von Ergänzungen. Erst danach wird mit einer Entscheidung gerechnet.

Bei der Sitzung war auch Seibert als Zuschauer dabei. In einem Video auf X sagte er auf Hebräisch: „Ich denke, etwas Wichtiges passiert hier für Israels Demokratie. Wir als Freunde Israels schauen mit großem Interesse auf das Oberste Gericht. Das wollte ich mir ansehen.“

Auswärtiges Amt verteidigt Israel-Botschafter

Das Auswärtige Amt in Berlin hat Seibert indes gegen Kritik aus Israel verteidigt. „Das Verfolgen relevanter politischer, auch innenpolitischer Entwicklungen im Gastland ist eine zentrale Aufgabe von Diplomatinnen und Diplomaten“, erklärte eine Ministeriumssprecherin am Montag. Seibert steht nach Medienberichten in der Kritik, weil er kürzlich als Zuschauer an einer Beratung des Obersten Gerichts zur umstrittenen Justizreform teilgenommen hatte. Das Auswärtige Amt bezeichnete den Besuch einer solchen Veranstaltung jedoch als „gängige Praxis“.

Nach Angaben eines israelischen Repräsentanten soll Außenminister Eli Cohen eine offizielle Beschwerde über Seibert an Berlin übermittelt haben. Darin werde dem deutschen Botschafter die Einmischung in innere Angelegenheiten vorgeworfen, berichteten israelische Medien. Ein Ministeriumssprecher versicherte hingegen bei der Regierungspressekonferenz in Berlin: „Im Auswärtigen Amt ist keine Beschwerde Israels eingegangen.“

Seibert früher schon in der Kritik

Den Medienberichten zufolge, die der mit den Details vertraute israelische Repräsentant bestätigte, wurde die offizielle Beschwerde über den israelischen Botschafter in Berlin, Ron Prosor, an das Auswärtige Amt übermittelt. Auf die Frage, ob sich der Botschafter möglicherweise direkt an Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gewandt hat, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts: „Das ist mir nicht bekannt.“ Baerbock ist in New York, wo in dieser Woche die Generaldebatte zur Vollversammlung der Vereinten Nationen ansteht.

Seibert war bereits in der Vergangenheit von israelischer Seite kritisiert worden, nachdem er als Privatmann bei einer alternativen Gedenkveranstaltung israelischer und palästinensischer Familien zugegen gewesen war. Sie gedachten dabei ihrer Angehörigen, die im Konflikt beider Seiten getötet worden waren. Einige ultrarechte Demonstranten hatten daraufhin im Juni mit lautstarkem Protest vor der Residenz des Botschafters in Herzlija eine Veranstaltung gestört, die dort stattfand.

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